Geschichte
Der Verein Theater der Unterdrückten Wien wurde im Jahr 2002 von Birgit Fritz gegründet. Von 2003 bis 2005 machte sich die Organisation durch zahlreiche Community-Projekte in den Wiener Gemeindebezirken einen Namen. In mehreren Forumtheateraufführungen (16.Bezirk im Sandleitenhof, in der Koppstraße 3. Bezirk im Waldbrunnerhof, 8. Bezirk im Sigmund-Freud-Hof) wurden Konflikte zwischen Jung und Alt, zwischen den so genannten Alt- und Neo-Österreicher_Innen, dem Umgang mit Müll, Vandalismus, und der Verantwortungsübernahme für eine gemeinsame Hofgestaltung thematisiert. Im 16. Bezirk kam es zu zwei weiteren Projekten: dem Projekt „Erinnerungstheater“ gemeinsam mit der Kooperativen Mittelschule Koppstraße 110 und dem Projekt Fleminghof. Am letztgenannten Projekt beteiligten sich u. a. die Kinderfreunde, Back on Stage und Wiener Wohnen.
Gleichzeitig begann das transkulturelle Performance-Projekt „Twin Vision“ (2003-2006), einer alpenländisch-afrikanischen Koproduktion mit über 20 Performer_Innen aus Nigeria, Österreich, Italien, Äthiopien und Liberia, bei dem vor allem mit Körper, Rhythmus, Wort und Klang gearbeitet wurde (Aufführungen im „Theater des Augenblicks“). Das Highlight im Jahr 2006 war die Inszenierung von Augusto Boals „Mit der Faust ins offene Messer“. Die Aufführung handelte von sechs Menschen, die immer auf der Flucht und ständig der Willkür anderer ausgesetzt waren und nun auf der Suche nach einer Heimat, einem Ort sind, an dem sie sie selbst sein dürfen.
Dem TdU Wien gelang es 2005 erstmals Sanjoy Ganguly, den Gründer und Regisseur der indischen Theaterbewegung Jana Sanskriti nach Wien einzuladen.
2006 traten die Frauen* von Twin Vision beim Muktadhara Festival in Kolkata (Indien) auf. Unter der Leitung von Birgit Fritz zeigte sie das Forumtheaterstück „herStory“. (Im selben Jahr wurde in Indien ein Gesetz gegen Gewalt in der Familie erlassen.) Außerdem bot die Gruppe Theaterlabore in Wien an. Gemeinsam mit Matthias Thonhauser konzipierte Birgit Fritz die internationale Konferenz Youth and Society in Central Asia: Creative Paths of Democratization and Development. Sie gab bei der kyrgyzsischen Konferenz einen Workshop mit dem Thema „The multitude of Theatre of the Oppressed techniques: from theory to practice”. Mit dabei waren Julian Boal, Sanjoy Ganguly, und Jale Karabekir. Währenddessen übernahmen Alina Serban und Irena Hesounova die Leitung der Aktionstheatergruppe des TdU Wien. Bald erweiterte sich das Team um Angelique Lehmann.
2007 war ein Jahr der internationalen Vernetzung. So gab es einen Workshop bei Gernika Gogoratuz, dem Friedensforschungszentrum im Baskenland, im Rahmen des Festivals Arte y Paz. Es war ein Workshop für legislative Theatermethoden, den Birgit Fritz gemeinsam mit den international renommierten Regisseuren Iwan Brioc und Chen Alon leitete.
2008 schaffte das TdU Wien zwei Höhepunkte seiner bisherigen Arbeit: Einerseits organisierte der Verein einen Besuch von Augusto Boal, dem Begründer des Theaters der Unterdrückten, und zwar auf Einladung des österreichischen Justizministeriums unter Maria Berger. In einer Veranstaltungsreihe zu politischem Theater kamen sowohl Sanjoy Ganguly, als auch Maria Nora vom Living Theatre in Köln und Carlos Zatizabal von der ‚Cooperativa Colombiana de Teatro alternativo‘ nach Wien und gaben Workshops und öffentliche Work in Progress Präsentationen. Eine weitere einwöchige Residency mit ihm mündete in der Performance Creación Colectiva. Andererseits entstand in einer einwöchigen Residency auf dem Vinkl-Hof in Kärnten das „Labyrinth der getanen Arbeit“ unter der Leitung von Iwan Brioc.
2009 wurde die erfolgreiche Arbeit fortgesetzt als im März der kolumbianische Theatermacher und Aktivist Hector Aristizabal eine „Masterclass“ zu Theater in traumatisch geprägten Räumen gab. Im Jahr 2009 lud Augusto Boal zu einer großen International Theatre of the Oppressed Conference nach Rio de Janeiro ein, die er leider nicht mehr selbst erleben konnte. Gemeinsam mit Xris Reardon, Mariana Villani, Agneta Josephson und Michele Decottignies präsentierte Birgit Fritz ein kollektiv verfasstes Manifest als Aufruf zur feministischen Vernetzung innerhalb der TO Community.
Anlässlich des Weltforumtheater-Festivals 2009 in Österreich hießen außerdem Alegria – TdU Kärnten und das TdU Wien im Oktober gemeinsam zu einem Fest der Begegnung in Kärnten willkommen und öffneten den Raum für Vielfalt in Solidarität mit der indischen Theaterbewegung Jana Sanskriti.
2010 mündete das langjährige internationale Engagement zur Vernetzung mit anderen Theatermacher_Innen schließlich in zwei großen, europäischen, künstlerischen Kooperationsprojekten: „Moments, Places, Journeys” war ein 2-jähriges TdU-Projekt zur Beteiligung von benachteiligten Gruppen an der Stadtentwicklung unter der Koordination von Robert Klement mit Partnerorganisationen aus Frankreich, Wales, Portugal und unseren lokalen Partnern von DanceAbility.
„ARTiculating Values“ wiederum war ein Projekt des Interkulturellen Zentrums, konzipiert von Rebecca Zeilinger unter der Mitarbeit von Birgit Fritz. Es ging um interreligiösen Dialog und völkerverbindende Wertediskussionen. Dazu gibt es eine Publikation mit dem Titel „ARTiculating Values: Youngsters act in EuroMed“.
Die internationale Abschlussveranstaltung in Wien wurde von Birgit Fritz und Chen Alon geleitet. Jugendliche und Organisationen aus Österreich, Dänemark, Ungarn, Israel, Jordanien, Libanon, den Niederlanden und der Türkei nahmen daran teil. Später wurde diese Arbeit in all diesen Ländern weitergeführt, in Österreich von den Theaterpädagogen Ahmad Abu Khama und Ronald Matthijssen.
2011 kündigte sich ein Wandel im TdU Wien an: Birgit Fritz zog sich für die Arbeit an ihrer Dissertation aus dem TdU Wien zurück und veranstaltete weiterhin internationale Theater-und Körperarbeitstrainings mit dem Verein „InExActArt“. Mit der Gründung einer LGBTIQ- Theatergruppe wandelte sich die Arbeit von einer projektbasierten hin zu einer langfristigen Arbeit mit kontinuierlichen Gruppen.
2012 erarbeitete die neue LGBTIQ- Theatergruppe z. B. eine Performance zur sexistischen und konsumüberladenen Darstellung von Frauen in der Weihnachtszeit, Titel „Christkindlmarkt- Crashing“! In den Folgejahren kreierte das Kollektiv u.a. eine Performance mit einem öffentlichen homosexuellen Heiratsantrag, um auf die fehlende Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften aufmerksam zu machen. Ein weiteres Großprojekt war die vom europäischen Programm Jugend in Aktion unterstützte Kampagne „Valid“, die bis 2013 jedes Jahr wiederholt wurde. Außerdem setzte sich das TdU Wien gemeinsam mit der Tanzgruppe ‚DanceAbility‘ für die Umbenennung der Invalidenstraße im dritten Bezirk in Wien ein.
Gleichzeitig mit der Arbeit der LGBTIQ-Gruppe, aber auch resultierend aus der stärker werdenden feministischen Schwerpunktsetzung begann 2011 die Arbeit in Madalena-Laboratorien. Das sind Theaterlabors, in denen Frauen selbstbestimmt ihre eigenen Themen mit den Mitteln des Theaters der Unterdrückten be- und verarbeiten und auf die Bühne bringen. Die Arbeit in den Laboratorien wurde bis 2013 jährlich fortgesetzt und von der brasilianischen Botschaft in Wien unterstützt. Im Zuge dessen gab es einen Besuch der internationalen TdU-Aktivistin Barbara Santos. So entstand 2012 die performative Arbeit „Heavy Message- A Play in Fractals“, die von März bis Juni mehrmals aufgeführt wurde (u.a. beim Forumtheaterfestival Slowenien). Die Schauspielerinnen begannen ihr Stück mit “Central Europe – Middleclass – White – Female” und reflektierten darin einerseits physische und psychische Unterdrückungen von Frauen im 21. Jahrhunder und andererseits ihre eigenen Privilegien.
2013 organisierte das TdU Wien, wiederum unterstützt durch das EU-Programm Jugend in Aktion, das TdU-Festival „diversi.TO“, bei dem Gruppen aus mehreren europäischen Ländern ihre Arbeiten im WUK Wien zeigten.
Außerdem gründete sich eine weitere Theatergruppe unter dem Dach des TdU Wien, ‚Das ReflActiv‘, mit dem zunächst wieder stärker antirassistische Themenstellungen bearbeitet wurden. So entstanden Produktionen und Auftritte zur fragwürdigen Rolle des WKR-Balls (heute: Akademikerball, 2013), zur kollektiven Erinnerung der NS-Geschichte (2014), zum Umgang von Privilegierten mit Bettler_Innen mit Beratung durch die Bettellobby Wien („Betteln in Wien“, 2015), Rassismus in der Flüchtlingshilfe („Das ist doch gut für dich“, 2016), einer Performance zu Grenzen („Österreich ist dicht“, 2016) am Museumsquartier, mit Auftritten im WUK, im öffentlichen Raum, aber auch bei akademischen bzw. sozialarbeiterischen Konferenzen.
Im Juni 2014 organisierte das Team des TdU Wien im WUK das Kunst- und Theaterfestival „sex matters“ für einen ehrlichen und offenen Dialog über das tabuisierte Thema Sexualität. Darauf hinarbeitend veranstaltete das TdU Wien außerdem die Workshopreihe „Sex Acts“, in der Jugendliche mit Zeitungstheater die öffentlichen Darstellungen von Sexualität performativ umsetzen konnten. Hierzu existiert eine eigene Publikation.
2015/2016 veranstalteten Magoa Hanke, Rosalie Schiffer und Joschka Köck gemeinsam mit Birgit Fritz – die Multiplikator_Innenfortbildung „Theater in Aktion“, eine Kooperation mit dem Paolo Freire Zentrum. Außerdem wurde 2015 die Tradition wieder aufgenommen, international renommierte Praktizierende des TdU einzuladen, um Workshops zu geben. Dazu zählten damals u.a. Evan Hastings (USA/Indien), Mark Weinberg und Jenny Wanasek (USA), Amit Ron, Uri Shani (beide Israel) und Ronald Matthijssen (Niederlande). Und im selben Jahr gründete sich noch eine weitere Theatergruppe unter dem Dach des TdU Wien: Bei ‚EMILE‘ beschäftigen sich Lehramtsanwärter_Innen mit dem Einsatz von Theater in Schulen.
2017 vollzog sich abermals ein Generationenwechsel, der für die kommende Zeit maßgeblich sein sollte. In diesem Jahr produzierte die Gruppe ‚Das ReflActiv‘ unter der Leitung von Joschka Köck das Forumtheaterstück „Who Cares?“, eine feministische Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass CARE-Arbeit bis heute vor allem von Frauen geleistet wird und mit entsprechenden gesellschaftlichen Erwartungen verbunden ist, die Männern weitgehend erspart bleiben. Mit diesem Stück ging das ReflActiv in den kommenden Jahren mehrfach auf Tournee. Erstmals im Sommer 2017, als das Stück am International NON-Festival for Theater of the Oppressed 2017 in Gornij Grad (Slowenien) aufgeführt wurde. Mit den slowenischen Theaterkollektiven KUD-Transformator und ZIZ entstand in den Folgejahren eine sehr gute Zusammenarbeit. Im Herbst ging „Who cares?“ erstmals auf Tour in den österreichischen Bundesländern mit einer Aufführung in Hollenstein. Im Oktober organisierte das TdU Wien zwei Ensemble-Auftritte der indischen Forumtheaterbewegung Jana Sanskriti mit seinem Stück „Where We Stand“ im Brick5 und im F23. „Where We Stand“ beschäftigte sich mit repräsentativer Demokratie, der Entfremdung von politischen Parteien und den Problemen, die damit einhergehen. Inspiriert von diesem Konzept begann das ReflActiv die Work in Progress Produktion „Badeschluss“ zu erarbeiten. Im Herbst entstand auch die Workshopreihe „Vom Kopf in den Körper“ welche TdU-Interessierten Methoden anhand thematischer Schwerpunkte näherbringen sollte.
2018 initiierte das TdU Wien erstmals eine „Forumtheaterreihe“ bei der jeden Monat eine andere österreichische Forumtheatergruppe ihr Stück im WUK präsentieren durfte. Im gleichen Jahr startete das Schulprojekt „Crossing Borders“ im Rahmen dessen Schüler_Innen der PTS 7 unter der Leitung von Linda Raule und Joschka Köck das Stück „LEA“ erarbeiteten, das im Mai an der PTS7 und im off-Theater gezeigt wurde. Inhaltlich setzte es sich mit Gewalt in der Familie, Mobbing und Peer Pressure auseinander. Weiters organisierte der Verein gleich mehrere Workshops. Einer davon war die „Shadow Liberation“ mit Evan Hastings, der TdU mit Schattentheater kombinierte. Das ReflActiv führte im Frühjahr „Who Cares?“ in der Schuhmühle Schattendorf (Burgenland) auf, ehe es erneut nach Slowenien in die Städte Maribor und Ljubliana ging. Im Sommer gab es sogar einen Auftritt in Bozen (Südtirol).
Im Herbst arrangierte das TdU Wien unter der Leitung eines Organisationsteams bestehend aus Sophie Baumgartner, Joschka Köck, Linda Raule, Katharina Spanlang und Veronika Vitovec einen Besuch der slowenischen Kollektive, KUD-Transformator und ZIZ in Wien. Als „Artists in Residency“ starteten die beiden Organisationen zusammen mit dem TdU Wien gleich vier Projekte. Zunächst entstand eine Adaption des Stücks „Cinderella – My Fairy Rights“ – ein Format, das die Methoden des Theaters der Unterdrückten in der Arbeit mit Kindern anwendet, wobei das Märchen als Schablone für Gender-Stereotype entlarvt wird. Um das Format für Wien zu adaptieren, castete das Organisationsteam des TdU Wien ein neues Team, aus dem die bis heute bestehende Cinderella-Theatergruppe hervorging. Dieses Format wurde seit Herbst 2018 an verschiedenen Volksschulen und Kindergärten gezeigt. Das Impro-Forum war eine weitere neue Form des Theaters der Unterdrückten, welche das Publikum nicht nur zu ‚Spect-Actors‘, sondern zu Regisseur_Innen eines Forumtheateabends machte. „Status Quo“ war ein legislatives Theaterstück, das von der slowenischen Gruppe ZIZ kreiert wurde und in Kooperation mit dem TdU Wien und dem ‚WAN – Wiener Armutsnetzwerk‘ im Theater LaWie (3.Bezrik) aufgeführt wurde. Das Stück brachte die prekären Arbeitsbedingungen in einem Callcenter auf die Bühne. Im legislativen Forum wurden Forderungen nach einer Stärkung der Kompetenzen von Arbeitnehmer_Innenvertretungen laut. Ebenso präsentierte ZIZ eine Adaption des Stücks „Emma“ von Howard Zinn über die Anarcha-Feministin Emma Goldman im Spektakel mit anschließender Podiumsdiskussion im. Im November besuchte eine Delegation des TdU Wien das Muktadhara – International Forum Theater Festival 2018 in Indien wo es erneut eine Aufführung von „Who Cares?“ gab. Anfang Dezember startete die Queer_feministische Workshopreihe: Theater, Schattentheater, TdU unter der Leitung von Magoa Hanke, welche allen Interessierten die Möglichkeit bot, Geschlechterrollen und die persönliche Identität mit verspielten, theatralen Mitteln zu erforschen. Dabei kam auch das Spiel mit Schatten zum Einsatz.
2019 stand ganz im Zeichen der feministischen Arbeit. Unter der Leitung von Sophie Baumgartner und Linda Raule organisierte das TdU Wien ein Projekt mit Mädchen* und jungen Frauen* zwischen dreizehn und siebzehn Jahren unter dem Titel „Act Out Loud!“. Ziel war es, zu erforschen, wie sich die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen auf den Alltag junger Frauen* auswirken. Daraus entstand die Forumtheater-Performance „Lasst mICH SEIN“, bei der die Diskriminierung von lesbischen Beziehungen in der Schule und der Familie thematisiert wurden. Cybermobbing, Ausschluss im Schulhof und Streit in der Familie wurden ebenso thematisiert. Ebenso wurde die Arbeit des 2018 begonnenen Projektes „Frauen. Macht. Theater.“ unter dem Titel „Jede spielt eine Rolle“ weitergeführt, welches speziell Frauen* mit Fluchterfahrungen einen Raum zur spielerischen Erforschung ihrer Themen gab. Dabei wurde die Wichtigkeit von Intersektionalität für die Arbeit des politischen Theaters deutlich, denn das Projekt befand sich an der Schnittstelle zwischen Antirassismus und Feminismus. Ergebnis war das Stück „Frau sein. Frei sein?!“, das unterdrückerische Beziehungen, die Schwierigkeit der Jobsuche und die Doppelbelastung von Frauen* thematisiert.
Im Rahmen der Wanderausstellung „Endlich Wachstum“ im Albert Schweizer Haus gaben Sophie Baumgartner, Erica Ras und Katharina Spanlang vom TdU Wien zu Jahresbeginn einen Workshop zum Thema „Wachstum im Kopf“. Mit dem Stück „Zusammen sein. Zusammen leben. Zusammen üben.“ im Rahmen des „#kommraus -Forum öffentlicher Raum“ unter der Leitung von Joschka Köck knüpfte das TdU Wien an die Arbeit in Community-Projekten aus der Zeit seiner Entstehung an. „Erziehung zur Freiheit“ entstand in Kooperation mit der Kirchengemeinde St. Johann Nepomuk und setzte sich spielerisch mit Unterdrückung anhand des Freiheitsbegriffs auseinander. Im Juni mündete der kreative Prozess in einem Stück, das die Alltäglichkeit der Abschiebungen von Menschen aus unserer Mitte, Altersarmut, sowie Alltagssexismus- und Rassismus thematisierte.
Darüber hinaus gab es das Schulprojekt, „Ehrlich. Kritisch. Laut.“ an der PTS7, das erstmals Schüler_Innen und Vertreter_Innen des Schulpersonals gemeinsam eine Bühne bot (Leitung: Linda Raule, Joschka Köck und Maria Oberleitner). Hier wurden vor der ganzen Schule Schulregeln und Mitbestimmung von Schüler_Innen verhandelt.
Am Klimacamp bei Wien 2019 wartete ein Ensemble des TdU Wien unter der Leitung von Sophie Baumgartner mit der eigens kreierten Performance, „Die Welt retten, aber zacki, zacki!“ auf – eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der Frage, wie Aktivismus für eine sozial-ökologische Transformation gelingen kann. Am Fest des guten Zusammenlebens, der ‚Pioneers of Change‘ präsentierte‚ das ReflActiv‘ das Stück „Beziehungsweisen“, welches sich mit patriarchal geprägten Liebesbeziehungen auseinandersetzte.
Am International NON-Festival 2019 kreierten das TdU Wien, Reboot the Roots und KUD-Transformator in einer internationalen Residency gemeinsam ‚Resilient Revolt‘ – ein internationales Forumtheaterbündnis zur Auseinandersetzung mit der Klimakrise und der Förderung von Aktivismus für eine klimagerechte Gesellschaft. Gleich zur Eröffnung des Festivals präsentierte das Bündnis ein neues Stück. Im September knüpfte das TdU Wien mit einer Straßenperformance für das Klimavolksbegehren an diese Arbeit an. Eine Theaterwerkstatt für Klimagerechtigkeit in Kooperation mit Global 2000 mündete in einem weiteren Resilient Revolt Theaterstück, das sowohl die Untätigkeit der Politik als auch die Schwierigkeit thematisierte, der Thematik der Klimakrise den Mantel der Belanglosigkeit abzustreifen.
Doch das war noch nicht alles! Im September 2019 startete das Projekt „Caring4Communities“. Unter der Leitung von Magoa Hanke und Veronika Vitovec entstand ein Stück über die Nutzung von Gemeinschaftsräumen, das Zusammenleben in Wohnhäusern und die Kommunikation zwischen Bewohner*innen, sowie der Hausverwaltung. Das Projekt entstand auf Initiative von und in Kooperation mit Beatrice Stude und basiert auf einer Feldstudie von Meike Schalk, Sara Brolund de Carvalo und Beatrice Stude. Eine erste Aufführung fand im Rahmen der Studienpräsentation im Wohnprojekt „Interkulturelles Wohnen mit friends“ im 2. Wiener Gemeindebezirk statt.
Auf Initiative von Katharina Spanlang organisierte das TdU Wien in Kooperation mit der Londoner TdU-Organisation, ‚Reboot the Roots‘ und Pioneers of Change (Österreich) die Workshopreihe „The Social Rainbow“ unter der Leitung von Ruth Cross und George Wielgus. Diese Fortbildung eröffnete für Trainer_Innen und Aktivist_Innen die Möglichkeit, Resilienz zu stärken und Perspektiven für Transformation zu erweitern. Das TdU Wien organisierte auch den WUK-GPI-Friedenstag am 27.10.2019 mit.
Um den Jahreswechsel 2019/20 gab es frischen Wind, als sich die Queere Theatergruppe unter der Leitung von Magoa Hanke neu formierte.
Auch 2020 wartete das TdU Wien trotz drei Lockdowns und restriktiven Auflagen für Veranstaltungen aufgrund der Covid-19 Pandemie mit neuen Projekten auf. Beispielsweise organisierte der Verein unter dem Titel „unverschämt_verspielt. queer*feministisch theater machen“ einen Auftritt der FLINT*-Theatergruppe ‚FoK*ollektiv‘ (Fruit of Knowledge) aus Berlin mit einer theatralen Inszenierung des Comics „Die Ursprünge der Welt“ von der schwedischen Feministin Liv Strömquist. Im August spielte das „ReflActiv“ die Premiere des im ersten Lockdown entstandenen Stücks „Genug. / Enough.“ auf dem International NON-Festival 2020 in Slowenien. Im Herbst veranstalteten Sophie Baumgartner und Linda Raule die FLINT*-Theaterwerkstatt „Körper. Macht. Widerstand.“
Das Jahr 2021 war durch intensive Projektarbeit in den drei Schwerpunktbereichen des TdU Wien gekennzeichnet: queer-feministische Theaterarbeit, Klimagerechtigkeit und prekäre Arbeit. Das Projekt „#GAP – Girls Against Poverty“ brachte partizipatives Theater zu Mädchen* nach ganz Österreich und die Themen von jungen Mädchen* auf die Bühnen von vier Bundesländern. Mit dem Projekt „Rainbow Drama“ veranstaltete das TdU Wien eine intensive Weiterbildung (2 mal 11 Tage) für Jugendarbeiter*innen aus verschiedenen europäischen Ländern zu queer-feministischen Theatermethoden. Beim Theaterfest „Körper im Dialog“ wurde ein feministischer Austauschraum geöffnet, in dem FLINTA* ihre Körper zurückeroberten und gemeinsam nach neuen Handlungsstrategien gegen Alltagssexismus suchten. Im Rahmen von Resilient Revolt, einer internationalen Theaterbewegung für Klimagerechtigkeit, organisierte TdU Wien ein mehrtägiges Mehtoden-Labor sowie ein mehrtägigen Aktivist_Innen-Austausch. Das ClimACTivism Festival musste leider in letzter Minute auf Grund eines neuerlichen Lockdowns abgesagt werden. Der Herbst 2021 stand ganz im Zeichen des Themas prekäre Arbeit, mit dem Projekt „Prekär geht nicht mehr!„. Im Rahmen von Workshops und einer einwöchigen Theaterwerkstatt entstand ein Forumtheaterstück von Menschen in prekären Arbeits- oder Lebenslagen, welches in Wien mehrmals vor diversem Publikum aufgeführt wurde. Außerdem veröffentlichte das TdU Wien die Broschüre „Who Cares? Spielen, Forschen, Proben zu Unterdrückung in der informellen Pflege.“, in der die Erfahrungen von jahrelanger Arbeit zu patriarchalen Strukturen in der informellen Pflege gesammelt wurden. Über die großen Projekte hinaus durfte das TdU Wien bei verschiedenen Veranstaltungen und Organisationen Workshops anbieten. Es wurde auch eine Reihe an Community-Abenden organisiert unter anderem Workshops zu dem Thema Solidarökonomie oder einen FLINTA* Clown_innenworkshop.
Auch 2022 wird das TdU Wien nicht aufhören feministische und kapitalismuskritische Projekte auf die Beine zu stellen. Seid dabei!
Stand: Dezember 2021